Bei BID-Betrieben werden alle Küken aufgezogen.
Foto: Ökologische Tierzucht
Ökologische Tierzucht
Multitalente im Hühnerstall
Lebensmittel ökologisch erzeugen und handeln, das heißt nicht nur auf Ackergifte verzichten. Es geht um mehr, um einen respektvollen Umgang mit Tier, Mensch und Natur. Die Praxis des Kükentötens in Legehennen-Betrieben ist damit nicht vereinbar. Daher unterstützen wir die Ökologische Tierzucht (ÖTZ), und zwar von Anfang an.
Legehennen kommen nicht allein zur Welt
Wie kam es zur unethischen Praxis des Kükentötens?
In der Geflügelwirtschaft haben sich industrialisierte Produktionsweisen und monopolartige Zuchtstrukturen entwickelt. Dabei hat sich die Züchtung auf zwei Richtungen verengt:
- Es gibt Masttier-Rassen mit reichlich Fleisch an Brust und Keule, die kaum Eier legen, und daneben
- Legehennen-Rassen, die fast kein Fleisch ansetzen.
Die fleischarmen Brudertiere der Legehennen wurden bis Ende 2021 vielerorts nach dem Schlüpfen getötet, da sie unter wirtschaftlichen Bedingungen nicht gemästet und vermarktet werden können.
2013: Bruderhahn-Initiative – ein erster Schritt
Betriebe, die das Kükentöten beenden wollten, haben sich 2013 zur Bruderhahn Initiative Deutschland (BID) zusammengeschlossen. Ihre Ziele:
- eine sofortige Lösung dafür finden, wie auch die männlichen Küken aufgezogen und vermarktet werden können und
- die Verbraucher:innen auf das schwerwiegende Problem aufmerksam machen.
Für jedes Ei mit dem BID-Siegel wurde dazu von 2013 bis 2021 im Laden ein Zuschlag von 4 Cent erhoben. Dieser ist nahezu vollständig als Futterkostenzuschuss an diejenigen Betriebe geflossen, die Bruderhähne aufgezogen haben. Dieses Prinzip der Querfinanzierung wird auf den BID-Betrieben auch heute weitergelebt. Allerdings gibt seit 2021 nicht mehr die BID die Höhe des Zuschusses pro Ei vor, sondern die Betriebe handeln selbst den nötigen Betrag aus.
2023: Ziele erreicht?
Im Lauf von 10 Jahren hat die BID viel erreicht:
- Viele Bio-Höfe und -Handelsunternehmen sind Teil der BID.
- Die meisten Verbraucher:innen sind informiert, der "Bruderhahn" ist ein etablierter Begriff.
- Es haben sich viele weitere Initiativen gegründet, die ebenfalls dem Kükentöten Einhalt gebieten.
- Die Politik hat gehandelt. Seit Anfang 2022 ist die Tötung der männlichen Eintagsküken in Deutschland per Gesetz verboten.
Auch wenn das Kükentöten in Deutschland jetzt verboten ist, heißt das leider noch nicht, dass die männlichen Küken aufgezogen werden:
- In vielen Betrieben werden männliche Küken jetzt einfach schon vor dem Schlüpfen aussortiert (In-Ovo-Selektion).
- Auch ist es möglich, die Legehennen einfach aus dem Ausland zu beziehen, wo das Kükentöten vielerorts noch erlaubt ist oder
- die Brudertiere zur Aufzucht ins Ausland zu geben, wo nicht selten geringere Tierhaltungs-Standards gelten.
Eine dauerhaft tragfähige Lösung kann nur die Züchtung eines Zweinutzungshuhns bringen, das sowohl für die Eier- als auch für die Fleischproduktion geeignet ist. Genau das hat sich die Ökologische Tierzucht zur Aufgabe gemacht (siehe unten).
2019: Öffnung für weitere Brudertiere
Um den ethischen Anspruch an die Tierhaltung über die Eierproduktion hinaus geltend zu machen, hat sich die Bruderhahn Initiative Deutschland für weitere Tiere geöffnet und sich 2019 in Brudertier Initiative Deutschland umbenannt. Die Abkürzung "BID" blieb erhalten.
Ab 2021 werden neue Verpackungen von Eiern und Hühnerfleischprodukten aus Mitgliedsbetrieben der Brudertier Initiative Deutschland mit dem aktualisierten Siegel versehen.
2025: Stilllegung des BID-Siegels
Zum 31. Dezember 2024 wird die Zertifizierung des BID-Bruderhahn-Siegels stillgelegt.
Hauptgründe für diese Entscheidung sind
- die veränderte politische und rechtliche Lage seit Inkrafttreten des Kükentötungsverbots (2022) und der verpflichtenden Bruderhahnaufzucht bei fast allen Bioverbänden sowie
- die allgemeinen schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflation).
Die BID legt die Zertifizierung nur aus wirtschaftlichen Gründen still, nicht weil alle Ziele erreicht wären! Das Kükentötenverbot verhindert leider viele unethische Praktiken nicht (siehe oben).
Ungeachtet der Stilllegung des Siegels bleibt die BID als Verein aktiv und wird sich weiterhin dafür einsetzen, unethische Praktiken in der Bio-Tierhaltung zu beenden. Dazu gehört auch das Engagement für mehr Tierwohl in der Milchvieh-Haltung mit Blick auf die Aufzucht der Bruder-Rinder.
BODAN und die BID
Auf dem Weg zum Zweinutzungshuhn
Eine dauerhaft tragfähige Lösung für die Eier-Erzeugung kann nur die Züchtung eines Zweinutzungshuhn bringen, das sowohl für die Eier- als auch für die Fleischproduktion geeignet ist. Deswegen haben die Bio-Verbände Demeter und Bioland 2015 die Ökologische Tierzucht gGmbH (ÖTZ) gegründet.
Die Zweinutzungshühner aus ökologischer Züchtung legen weniger Eier als die Hochleistungslegehennen. Dafür haben die Zweinutzungshähne einen ausgeprägten Fleischansatz und eignen sich zur Mast.
Die Zuchtarbeit unter ökologischen Bedingungen ist zeit- und kostenintensiv. Gemeinsam mit der Bruderhahn Initiative hat die ÖTZ daher die Kampagne '1 Cent pro Ei für die Öko-Tierzucht' ins Leben gerufen, die von BODAN mitgetragen wird: Verbraucherinnen und Verbraucher zahlen pro Ei 1 Cent mehr. Diesen Züchtungs-Cent leitet der Handel ohne Abzüge an die ÖTZ weiter.
BODAN beteiligt sich an der Kampagne '1 Cent pro Ei für die Öko-Tierzucht'. Für jedes verkaufte Ei führen wir 1 Cent an die Ökologische Tierzucht ab, und zwar auch für Eier von Legehennenhaltern, die nicht der Brudertier Initiative Deutschland angehören. Ausgenommen davon sind nur Eier, die bereits von Zweinutzungshühnern gelegt wurden.
Die ersten Zweinutzungshühner
Die Zuchtarbeit der ÖTZ ist noch recht jung (seit 2015). Aber einige Pionier-Höfe, haben bereits Zweinutzungshühner der ÖTZ eingestallt. Dazu gehören auch das Hofgut Rengoldshausen und der Helchenhof aus dem Netzwerk 'WIR. Bio Power Bodensee', wo im Sommer 2021 die ersten ökologisch gezüchteten Zweinutzungshühner in ihren Mobilstall eingezogen sind.
"Mit den ersten Eiern von Zweinutzungshühnern ist eine Vision Wirklichkeit geworden. Der Züchtungscent hat zu konkreten Ergebnissen geführt", freut sich BODAN Geschäftsführer Sascha Damaschun.
Damit ist die Pionierphase allerdings noch nicht abgeschlossen.
"Die Weiterentwicklung zu einer wirklich ökologischen Legehennenzucht und -haltung erfordert auf allen Seiten einen Mehraufwand, was sich auch im Eier-Preis niederschlägt", erklärt Sascha Damaschun.
Von der Züchtung über die Brüterei, Legehennenhaltung, Futterzubereitung und Hähnchenmast bis hin zu Eiervermarktung und Fleischverarbeitung müssen zahlreiche Betriebe Hand in Hand arbeiten und ihre Prozesse aufeinander abstimmen. "Wir von BODAN sehen uns hier als Entwicklungspartner, der den Aufbau regionaler Kreisläufe über alle Wertschöpfungsstufen hinweg unterstützt", so Sascha Damaschun.
Siegel für Eier und Fleisch von Tieren aus ökologischer Züchtung
Ein Siegel exklusiv für den Bio-Fachhandel.
Es steht für höchste Tierwohl- und Bio-Standards:
- Zweinutzungshühner
Vitale, fruchtbare Zweinutzungshühner, die im gesunden Verhältnis Eier legen und Fleisch ansetzen.
- Eier ohne Kükentöten
Henne und Hahn werden aufgezogen. Männliche Küken werden nicht getötet, auch nicht vorm Schlupf (keine In-Ovo-Selektion).
- Heimisches Futter
Zweinutzungshühner können mit arttypischem, heimischem Futter leistungsgerecht ernährt werden (ein Import von Soja bspw. ist nicht nötig).
- Artgerechte Haltung
Die ÖTZ-Zweinutzungshühner können sich zeitlebens wie richtige Vögel verhalten. Sie sind auch zum Mastende vital und bewegen sich uneingeschränkt in ihrer Haltungsumgebung.
- Zucht unter 100% Öko-Bedingungen
Bioland zertifizierter Zuchtstandort mit 100% Bio-Fütterung. Ohne Käfighaltung, mit Auslauf und natürlicher Fortpflanzung. Keine präventiv eingesetzten Antibiotika.
- Unabhängigkeit
Züchter:innen und Legehennen-Halter:innen bleiben unabhängig von global agierenden Zuchtkonzernen.
Eier und Fleisch zusammen denken!
Ausgewogenes Verhältnis
Brudertier Initiative Deutschland und Ökologische Tierzucht können die Trendwende in der ökologischen Geflügelhaltung nicht alleine herbeiführen. Noch bleibt der Verkauf von Hähnen und Suppenhühnern weit hinter der entsprechenden Eier-Nachfrage zurück.
Gelingen kann ein nachhaltiger Wandel nur, wenn Eier und Fleisch zusammen gedacht werden. Handel, Verbraucherinnen und Verbraucher können dazu beitragen, indem sie Eier und Fleisch in einem ausgewogenen Verhältnis vermarkten und nachfragen.
Jeder kann mitwirken!
- Sponsoren und Förderer unterstützen durch finanzielle Zuwendungen für die aufwendige Züchtungsarbeit.
- Legehennen- und Mastbetriebe können Tiere aus ökologischer Züchtung halten. Am Züchtungsprozess beteiligt ist, wer Daten und Erfahrungen dokumentiert.
- Bio-Läden und -Großhandel leisten einen Beitrag, indem sie ÖTZ-Eier ins Sortiment nehmen und 1 Cent pro verkauftem Ei an die ÖTZ weitergeben.
- Verbraucherinnen und Verbraucher können die Ökologische Tierzucht durch den Kauf von Eiern mit diesem ÖTZ-Siegel stärken.